Von Verbindlichkeit , Ghosting und Stress

Kennst du diese Situation? Du hast den ersten Kontakt zu deinem TFP Partner aufgenommen, bist Model oder Fotograf. Vielleicht sogar MakeUp Artist und die ersten Mails in denen ihr euch „abcheckt“ verlaufen relativ gerade. Ein erster Austausch über „Welche Bilder hast du bisher geschossen?“ oder „Welche Styles zeigst du gerne von Dir?“ oder auch „Welche Aufnahmen magst du besonders?“ sind Fragen, die in fast jedem dieser ersten Dialoge einmal fallen.

Soweit so gut. Ihr seid einigermaßen auf „gleicher Welle“, die Fotos des Fotografen sind ansprechend, der Habitus des Models ist passend für das Shooting. Dann kommt die erste Hürde, mit der meist unkonkreten Frage „Wann hast du denn mal Zeit?“
Da ich ein sehr zielorientierter Mensch bin frage ich schon berufswegen direkt „Hast du am Datum XY um oder von X bis Y Zeit?“

Und hier habe ich auch durch viele Gespräche mit anderen Fotografen und Models festgestellt kommt der Punkt, wo sich oft die „Spreu vom Weizen“ trennt und wo ich (und Andere) leider sehr oft feststellen, der Gegenüber nicht zum Punkt kommt. Hier kommt unsere aktuelle Gesellschaft bzw. deren Umgang mit Themen wie Verbindlichkeit, Ehrlichkeit und Verlässlichkeit zu Tage.

„Du stresst mich“

Schon in den ersten Reaktionen auf konkrete Fragen meinerseits (nach der ersten Kontaktaufnahme) stelle ich oft fest, fühlt sich mein Gegenüber „unter Stress gesetzt“, er/sie „fühlt sich nicht mehr locker“ oder es kommt ein „ich melde mich“ sind Antworten, die nicht selten in meinem Postfach landen. Na, erkennst du dich schon wieder?

Was wir Alle bei unserer Leidenschaft und dem TFP Hobby niemals vergessen sollten: Es ist ein Hobby. Und es findet zwischen Menschen statt. Wir bekommen (in den meissten Fällen) kein Geld für dass, was wir mit Herzblut tun. Wir engagieren, arrangieren und komponieren Szenen, Ideen, Impulse, Atmos, Moods, Licht, Garderobe, MakeUp oder sonstige Dinge, die für ein erfolgreiches Shooting notwendig sind.

Ich kann von Glück sagen, dass ich für ca. 30% meiner Shootings mittlerweile Geld bekomme. Auch wurden mir schon einige Shootings mit meiner klaren Ansage „dafür muss ich ein Honorar nehmen“ abgesagt, weil der Gegenüber mir vorschreiben wollte, wie er gerne seine Bilder hätte (und ich hatte das Gefühl, keinen EInfluss darauf nehmen zu können).

Ich muss nicht von Shootings leben stelle jedoch in den Payshootings fest, dass diese eine Verbindlichkeit von 99,9% mit sich tragen. Und ja, ich weiß welche Aussage in den meisten Fällen jetzt von dem Ein oder Anderen kommt: „Na klar, es geht ja auch um Geld“ oder „Es ist dann ja auch ein Kunde“.

Hinter jedem Shooting stecken Menschen

Gottseidank muss ich nicht für den monetären Zweck shooten. Ich mache es, weil ich die Geschichten und Charakteren hinter meinen Modellen liebe. Und auch die Geschichten anderer Fotografen. Generell anderer Menschen, weil es mir um den Gegenüber geht.
Und ist es nicht traurig, dass wenn wir in unseren TFP Shootings auf andere Menschen treffen die im Grunde das Gleiche wollen wie wir, kaum noch Verbindlichkeit herrscht. Pseudo-Gründe und Ausreden gesucht werden und das Miteinander in den meisten Fällen nur durch Geld gefestigt werden kann?

„Die Organisation mit unserem Shooting macht mir Stress, Thorsten“ habe ich als Aussage schon erlebt. Doch nicht ich mache den Stress, der Gegenüber macht ihn sich. Ein Grund ist: Ich bin verbindlich (was die meisten Menschen nicht sind oder dies gar nicht kennen). Ein weiterer Grund: Ich mag es zielgerichtet, einfach und klar. Auch damit haben die meisten Menschen große Herausforderungen. Es ist also nicht der Stress mit mir. Es ist der Stress mit ihrem eigenen Leben. Ihren eigenen Prioritäten.

Lieber ein sicheres Nein als ein unsicheres Ja

Fotografen (egal ob Amateur oder Profi) bereiten sich meist akribisch und mit vielen Ideen, Werkzeugen, Gerätschaften und viel Liebe auf ein solches Shooting vor. Bei TFP herrscht leider sehr oft die benannte Unverbindlichkeit. „Was nichts kostet, ist nichts wert.“
Und ja, auch einige Fotografen betreiben dass doch zumeist von Modellen betriebene „Ghosting“. Erstkontakt, schreiben, Termin vereinbart, keine Reaktion mehr.
Und mein Klassiker: ich werde direkt blockiert. Das sind die besonders „erwachsenen Menschen“, die (so muss ich es mal vermuten), auch sonst nichts auf die Reihe bekommen in ihrem Leben. Klingt hart, oder? Ja. Ich weiß.

Und eben hier unterscheiden sich Amateure von Profis. Nicht weil sie für die Shootings Geld bekommen, sondern weil sie (auch mal) unbequemen Situationen oder Diskussionen nicht aus dem Weg gehen. Sie suchen nach einer Lösung. Die meisten TFP Partner können und wollen das nicht.

„Ich habe lieber ein sicheres Nein als ein unsicheres Ja“ äußere ich in den Momenten meinem TFP Partner gegenüber. Und in 9 von 10 Fällen kommt dann (ihr ahnt es schon) ein „Nein“. Prima. So spraren wir uns Zeit, Ärger und Frust.

Mittlerweile habe ich sowohl (wenn es dann konkreter wird und wir kurz vor dem Shooting-Tag stehen) einen Hinweis in meiner Mail als auch eine Klausel in meinem TFP Vertrag. Diese Klausel regelt, sollte mein Gegenüber noch nach 72 Stunden vor Shooting absagen, stellle ich ihm eine Rechnung über ein Ausfallhonorar. „Das kannst du doch nicht machen!“ oder „Das zahlt dir doch kein Hobbymodel, das ist albern“ waren oft gelesene Sätze. Ich erwidere dann nur „probiere es aus und schau was passiert“.

Menschen mit Ecken und Kanten

Ja ich weiß. Wenn du bis zu diesem Absatz hier noch nicht als mein mögliches Model abgesprungen bist und dir jetzt bereits sagst „mit Thorsten würde ich schon jetzt nicht mehr shooten“ dann ist das vollkommen ok. Wirklich!

Den richtigen und gefühlt passenden Partner für ein Shooting zu finden ist wichtig und ich halte es wie im Berufsleben: „Vertrieb ist ein Selektionsprozess. Es kommt zusammen was passt: Nicht, was passend gemacht wird.“

Meine Modelle, Freunde und Geschäftspartner sind Charakter-Menschen mit Ecken und Kanten. Genau wie ich. Und Reibung gehört ebenso zum Charakter wie die Abgrenzung mit klaren Regeln.

TFP Shootings sind eine feine Sache. Da diese immer zwischen Menschen stattfinden, sollte jeder von euch sich einmal kurz besinnen:
A) Warum möchte ich das kommende Shooting WIRKLICH?
B) Warum soll es gerade DIESER TFP Partner sein?
C) Bringe ich SELBST die nötige Achtsamkeit, Respekt und auch Verbindlichkeit vormseinem TFP Partne mit?
D) Bin ich bereit zu AKZEPTIEREN, dass für die Organisation, Abwicklung und auch Nachbereitung solcher Fotos (wenn es um den Fotografen geht) eine Menge Arbeit notwendig ist?

Achtsamkeit und Respekt

Ich durfte bereits von anderen Menschen lernen, habe mit ihnen geweint, gefühlt und sie ein stückweit sogar durch Täler und Höhen begleitet. Und sicherlich ist es auch mal spannend, einen nackten Körper abzulichten. Doch die wahre Herausforderung, das Geschick und Schönheit liegt meiner Ansicht nach darin, den Menschen in seinem Portrait, Habitus und seinem Blick zu „fangen“ und diesen EINEN Moment zu erwischen, in dem mein Gegenüber ganz sie oder er selbst ist. Diese Momente sind rar, kostbar und sagen vielmehr über sie/ihn aus, als dass andere Situationen könnten.

Deshalb eine Bitte: Achtet euch. Achtet die Prioritäten. Habt Respekt vor dem Anderen und Mut, nicht gleich den Anderen in den sozialen Kanälen zu blockieren, nur weil er in diesem Moment nicht eurer Meinung ist und die Idee des Shootings „in Gefahr bringt“.
Du glaubst wenn du sie/ihn blockierst bist du „fein raus“ und „musst keine Energie mehr investieren“ oder denkst „mit solchen Menschen möchte ich mich nicht abgeben“.
Lass mich dir einen kleinen Gedanken (der für die Meisten zutrifft) mit auf den Weg geben: In dieser Situation bist DU schwach.
Nicht der Andere.
Und: Sei ehrlich und sag´ lieber früh genug ab, bevor ihr Kompromisse machen müsst, die euch in eurem Charakter „verbiegen“. Damit kann jeder wunderbar mit umgehen und weiß, woran sie/er ist. Probiert es mal aus!?

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Kommentare

  • backfield

    Sehr gut geschrieben… Das wichtigste ist immer der ehrliche und respektvolle Umgang miteinander.

    Gruß Bülent…

  • Fotofexx

    Kompliment zu diesem Artikel! Er trifft den Nagel auf den Kopf! Aber ich fürchte, die Betroffenen lesen ihn gar nicht und wenn doch, haben sie alle möglichen Ausreden, warum er auf sie/ihn nicht zutrifft.
    Es geht vor allem um den respektvollen Umgang miteinander!

  • Thomas

    Wahnsinns Beitrag, auch ich kann voll zustimmen

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